Das Große Militärwaisenhaus, heute bekannt als Großes Waisenhaus zu Potsdam, ist ein faszinierendes Stück preußischer Geschichte und Architektur, das oft im Schatten der vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt steht. Es ist aber definitiv ein Potsdamer Highlight, das es zu entdecken gilt.

Bildquelle: Von Schorsch-berlin – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24432024
Ein Bauwerk der Barmherzigkeit und Strenge
Das Gebäude ist nicht nur das größte geschlossene Barockensemble der Stadt, sondern erzählt eine fast 300-jährige Geschichte von königlicher Fürsorge, militärischer Disziplin und dem Alltag tausender Kinder.
Über dem prunkvollen Gebäude thront die vergoldete Figur der Caritas – ein weithin sichtbares Symbol der christlichen Nächstenliebe, das die Bestimmung dieses Ortes treffend zusammenfasst.
Die Vision des Soldatenkönigs: Gründung und Zweck
Die Geschichte des Waisenhauses beginnt im Jahr 1724, als König Friedrich Wilhelm I. – besser bekannt als der „Soldatenkönig“ – die Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam ins Leben rief. Sein Vorbild waren die Franckeschen Stiftungen in Halle.
Der König hatte eine klare Vision: Er wollte die unversorgten Kinder seiner Soldaten (aber auch Waisen aus Bürger- und Bauernfamilien) versorgen, erziehen und ausbilden.
Es ging darum, den Kindern eine Basis für eine spätere eigenverantwortliche Existenz zu geben. Sie wurden bis zur Volljährigkeit ernährt, eingekleidet und erhielten Unterricht in Lesen, Schreiben, Rechnen und im christlichen Glauben.
Für die Jungen folgte eine Handwerksausbildung, für die Mädchen eine Ausbildung in der Hauswirtschaft.
Zucht und Ordnung
Obwohl der Grundgedanke ein Akt der Barmherzigkeit war, waren Zucht und Ordnung im preußischen Sinne stets präsent.
Die Jungen wurden teils für eine spätere Laufbahn in der preußischen Armee vormilitärisch ausgebildet und dienten als Arbeitskräfte in den Manufakturen Potsdams, besonders als sein Sohn Friedrich II. Kriege führte.
Das Waisenhaus war zeitweise für bis zu 1.000 Zöglinge ausgelegt.
Die Ausstellung im Museum zeigt anschaulich den straffen Alltag der Kinder – vom Wecken über den Unterricht bis hin zur Arbeit.

Die kleinen Waisenkinder des Potsdamer Grossen Waisenhauses in ihrem Sonntagsstaat auf dem Kirchgang.
Bildquelle: Von Bundesarchiv, Bild 102-13290 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5480976
Ein architektonisches Meisterwerk: Gontards Prachtbau
Das heutige Erscheinungsbild verdanken wir maßgeblich den umfangreichen Um- und Erweiterungsbauten unter Friedrich II. bis 1777.
Nach den Plänen des berühmten Architekten Carl von Gontard (auch bekannt vom Brandenburger Tor und dem Marmorpalais) entstand ein repräsentativer, vierflügeliger Barockbau, der sich nahtlos in das Stadtbild des königlichen Potsdams einfügte.
Das Highlight: Das historische Treppenhaus
Wenn ihr das Waisenhaus besucht, werdet ihr schnell verstehen, warum dieser Ort ein architektonisches Highlight ist. Im Mittelrisalit (Erker) befindet sich das historische Treppenhaus – ein wahres Meisterwerk Gontards.
Es zählt zu einem der schönsten Treppenhäuser Europas.
Krieg und Nachkriegszeit
Besonders dramatisch war die Zerstörung des Rundtempels mitsamt der Caritas in der Nacht von Potsdam * (14. April 1945).
* – Die Weiterleitung erfolgt zu einem Wikipedia-Eintrag.
Ab 1992 wurde das Gebäude umfassend saniert und samt der vergoldeten Caritas im Jahr 2004 rekonstruiert.
Dank detaillierter historischer Fotos konnten die architektonischen Details, von den Säulen und Kapitellen bis hin zur Caritas selbst, originalgetreu wiederhergestellt werden.
Euer Besuch: Museum, Treppenhaus & Tipps
Heute ist das Große Waisenhaus ein Ort der Erinnerung, der Bildung und der modernen Stiftungstätigkeit.
Ein Großteil der Räumlichkeiten ist an Ministerien vermietet, doch die Stiftung hat einen wichtigen Bereich für Besucher geöffnet, um die Geschichte lebendig zu halten.
Der Waisenhaus-Museum
Im Keller des ehemaligen Musikerhauses im Innenhof findet ihr das Waisenhaus-Museum. Hier wird die facettenreiche Geschichte der Stiftung und die Lebensverhältnisse der Kinder über die Jahrhunderte anschaulich dargestellt. Originaldokumente, Fotos und Ausstellungstafeln vermitteln einen tiefen Eindruck.
Wichtiger Tipp: Der Besuch des Museums ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich! Ruft am besten vorher bei der Stiftung an (Tel.-Nr.: 0331 / 281 46 – 6)
| Bereich | Eintritt (Erwachsene) | Hinweis |
| Waisenhaus-Museum | 3,00 € | Nur nach Voranmeldung! Kinder/Jugendliche bis 17 Jahre frei. |
| Historisches Treppenhaus | Frei zugänglich | Geöffnet zu regulären Bürozeiten (Mo–Fr) und bei Sonderveranstaltungen. |
Tipps für euren Besuch im großen Militärwaisenhaus
- Treppenhaus-Time: Das Treppenhaus ist das absolute Muss! Plant euren Besuch in den regulären Bürozeiten (Mo-Fr), um es frei zugänglich zu erleben. Achtet auf Ruhe, da in den umliegenden Büros gearbeitet wird.
- Aussicht auf die Caritas: Die vergoldete Caritas-Figur seht ihr schon von Weitem in der Potsdamer Innenstadt. Nehmt euch die Zeit, sie aus der Nähe zu betrachten – ein Symbol der Barmherzigkeit über dem Bauwerk der Zucht.
- Führungen: Die Stiftung bietet Führungen an, die tiefer in die Materie eintauchen, besonders spannend sind sie für Schulklassen (spezielle Programme wie „Knopfspiel“ oder eine digitale Geschichts-Rallye sind verfügbar). Informiert euch im Vorfeld über Termine.
- Kulturevents: Haltet Ausschau nach besonderen Veranstaltungen (z. B. am Tag des offenen Denkmals). Gelegentlich finden Konzerte, wie Kinder- und Jugendchorkonzerte, im beeindruckenden Treppenhaus statt – ein unvergessliches Erlebnis!
- Vorab digital: Wer im Voraus schon mal in das Große Militärwaisenhaus „hineinschauen“ möchte, der kann dies gerne tun unter https://stiftungwaisenhaus.de/museum/digitale-ausstellung/
300 Jahre Geschichte und darüber hinaus
Die Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam pflegt das Andenken an die Geschichte und fördert auch heute noch benachteiligte Kinder und Jugendliche im Land Brandenburg.
Das Große Waisenhaus ist also nicht nur ein Museumsstück, sondern ein lebendiges Denkmal, das seine ursprüngliche Mission – Fürsorge und Bildung – in die heutige Zeit trägt.
Weitere Informationen findet Ihr unter: https://stiftungwaisenhaus.de/
Anfahrt
Adresse: Breite Straße 9 a – Tipp: Parken könnt Ihr relativ kostengünstig im Markt-Center Potsdam. Von dort sind es ca. 5 Minuten Fußweg bis zum großen Militärwaisenhaus.
Mit dem ÖPNV: Mit der Tram der Linien 91 / 94 bis zur Haltestelle „Dortustraße“ bzw. mit der Buslinie 695 bis zur Haltestelle „Naturkundemuseum“. Auch hier sind es jeweils 5 Minuten Fußweg.
Weitere sehenswerte Highlights von Potsdam findet ihr auf der Seite: Sehenswürdigkeiten in Potsdam. Schaut vorbei – let`s go!

