Rechenzentrum

Moderne an historischen Ort – das Rechenzentrum

Zwischen 1969 und 1971 entstand unter Leitung des Architekten Sepp Weber dieses damals moderne Bauwerk in der Potsdamer Innenstadt, welches heute als Rechenzentrum bekannt ist. Die offizielle Bezeichnung war ursprünglich „Datenverarbeitungszentrum“.

Das Rechenzentrum in Potsdam an historischer Stelle der alten Garnosionskirche
Rechenzentrum Potsdam

Quelle Foto: Von Deirfttog – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=100391749

Das aktuelle Gebäude ist heute nur noch in reduzierter Form erhalten. Ursprünglich gab es neben dem Bürogebäude noch die eigentliche Rechnerhalle (abgerissen 2019 /2020) und einen Kantinenbau an der Breiten Straße (abgerissen 2010 und heute mit dem Turm der Garnisionskirche überbaut).

Heute nicht mehr vorhanden sind auch die Lamellen des Bürogebäudes, welche die Außenfassade vertikal gliederten. Zum heutigen Zeitpunkt sorgt das dunkle Fensterband für eine vor allem horizontale Ausrichtung des Bauwerkes.

Errichtet wurde der Gebäudekomplex in der sogenannten „rationalen mehrgeschossigen Stahlbeton-Skelett-Montagebauweise – SK Ost“, die vom VEB Bau- und Montagekombinat (BMK) Ost 1967 entwickelt wurde. Dieses sogenannte „Stütze-Riegel-System“ ermöglicht eine sehr flexible Gestaltung der Innenräume und unterschiedliche Raumhöhen.

Für den Bau war der Projektionsbereich 1 des BMK zuständig, der vor allem Verwaltungsgebäude, Unterkunftsgebäude für Kasernen oder auch das Potsdamer Bezirkskrankenhaus errichtete. Die notwendigen Betonplatten für die Bauten kamen vom damaligen Plattenwerk in Stahnsdorf.


Dem Fortschrittsgedanken geschuldet

Schon 1958 hatten die staatlichen Plankommission der DDR und der Ministerrat beschlossen, republikweit Rechenzentren des „VEB Maschinelles Rechnen“ zu errichten welche die Digitalisierung des Landes vorantreiben sollten (Fun-Fact am Rande: Das Wort „Digitalisierung“ wurde damals noch nicht flächendeckend verwendet).

Das „Organisations und Rechenzentrum“ (ORZ) wurde 1967 in Potsdam gegründet und erbrachte Rechenleistung für etwa 45 Betriebe des Bezirkes Potsdam. 1969 wurde das ORZ in den „VEB Informationsverarbeitung Potsdam“ umgewandelt und sollte als Prototyp für die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in der Industrie der DDR dienen.

Im Potsdamer Datenverarbeitungszentrum wurden drei Elektronenrechner damals moderne „Robotron 300“ inklusive Peripherie installiert welche ab 1976 um einen „ESER-Computer EC 1040“ ergänzt wurden.


Kunst am Bau – das Mosaik am Rechenzentrum

Bedeutsam ist das Mosaik des Künstlers Fritz Eisel (1929 – 2010) mit dem Namen „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ oder auch „Die Arbeiterklasse meistert die wissenschaftlich-technische Revolution“.

Quelle Foto´s: Von Florian Schäffer – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26212156

Das 70 Meter lange Glasmosaik aus 18 Tafeln zeigt unterschiedliche Szenen, die sich mit den DDR-typischen Themen Verteidigung, Weltraumflug und wissenschaftlicher Fortschritt auseinandersetzen.

Die Grundlage für diese gezeigte Fortschrittseuphorie bilden zum einen das Marx`sche Gesetz von der Ökonomie der Zeit und zum anderen die Relativitätstheorie von Albert Einstein. Beide stehen am Anfang beziehungsweise Ende des Mosaiks.

Der Kunstwissenschaftler Christian Klusemann meinte hierzu, es sei „sicher kein Zufall dass dieses Mosaik, dass der säkulären Idee vom wissenschaftlichen Fortschritt huldigte, an historisch so bedeutungsvoller stelle, dem Standort der Garnisonskirche, installiert wurde. So liest es sich wie ein Gegenprogramm, nicht nur zur Religion, sondern mit seiner sozialistischen Agenda auch zum überwunden erklärten preußisch-deutschen Militarismus. Das Mosaik nimmt nach dieser Lesart direkten Bezug auf die Geschichte des Ortes, ohne dass dies auf den ersten Blick erkennbar ist.“


Aktuelle Nutzung

Nach dem Auszug des zuletzt dort ansässigen Landesrechenzentrums wird das erhaltene Bürogebäude aktuell als Kunst und Kreativhaus genutzt.

Das Gebäude, das jahrelang für einen Abriss vorgesehen war und auch das Mosaik erfuhren nach heftigen Kontroversen um die Rekonstruktion der Garnisionskirche, aber auch durch das wachsende kunst- und architekturhistorische Interesse an der DDR-Moderne, eine neue Wertschätzung.

In Reaktion auf die jahrelangen Proteste gegen die Rekonstruktion der Kirche und den Abriss des Rechenzentrums, ist im Januar 2022 der weitgehende Erhalt des Rechenzentrums als Mosaik beschlossen worden.


Anfahrt

Mit dem PKW: Einfach „Dortustraße 46 – 14467 Potsdam“ in das Navigationsgerät eingeben. Kostenpflichtige Parkplätze gibt es in den angrenzenden Straßenzügen.

ÖPNV: Die Tramlinien 91, 92 93, 96 oder 99 halten an der Haltestelle „Alter Markt / Landtag“. Von hier sind es ca. 5 Minuten Fußweg über die „Breite Straße“ (sich vom Landtagsgebäude entfernend) bis zum Rechenzentrum.

Weitere sehenswerte Highlights von Potsdam findet ihr auf der Seite: Sehenswürdigkeiten in Potsdam. Schaut vorbei – let`s go!

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